Giuseppe Verdis NABUCCO

Der 28-jährige Giuseppe Verdi betritt mit NABUCCO endgültig die große Bühne der Opernwelt – und definiert sie in vielerlei Hinsicht neu. Nach persönlicher Tragödie gelingt ihm ein fulminanter Neubeginn, der gleichzeitig ein musikalischer Aufbruch in das Zeitalter politisch engagierter Opern markiert. Das Theater Bonn bringt diesen zeitlosen Klassiker in einer kraftvollen und tiefgründigen Neuinszenierung von Roland Schwab auf die Bühne. Die Premiere von NABUCCO ist zugleich der feierliche Auftakt der italienischen Opernsaison, die das Publikum in die Welt der großen italienischen Meisterwerke führt. In diesem Rahmen werden gleich mehrere Höhepunkte der Opernliteratur präsentiert: Neben Verdis NABUCCO und OTELLO sowie Gioachino Rossinis DER BARBIER VON SEVILLA stehen Giacomo Puccinis ergreifende Meisterwerke MADAMA BUTTERFLY und TOSCA sowie NESSUN DORMA! mit berühmten Arien aus dem italienischen Opernrepertoire auf dem Spielplan. Damit entfaltet sich ein musikalisches Panorama, das von der Wucht der politischen Freiheitschöre über die feinfühlige Tragik einer unglücklichen Liebe bis hin zur Strahlkraft tenoraler Glanzstücke reicht. Die Italienische Opernsaison lädt dazu ein, die Vielfalt der italienischen Operntradition (neu) zu entdecken.

Verdis Durchbruch
NABUCCO markierte 1842 Verdis künstlerische Wiedergeburt. Mit dem Misserfolg seiner zweiten Oper und dem frühen Tod seiner Frau und seiner zwei Kinder war sein Leben von Tiefschlägen gezeichnet. Es war das Libretto von Temistocle Solera – und darin insbesondere der heute berühmte Gefangenenchor Va, pensiero (Flieg, Gedanke) –, das eine neue kreative Flamme in Verdi entzündete. Der Chor als Herzstück dieser Oper wurde bereits zu Verdis Lebzeiten zur neuen Hymne des italienischen Freiheitsstrebens. In einer Zeit, in der Italien unter Fremdherrschaft litt, identifizierten sich viele mit der Unterdrückung und der Sehnsucht der deportierten hebräischen Gefangenen nach Heimat und Freiheit. NABUCCO ist ein musikalisches Politikum und Verdis Musik ein Sprachrohr kollektiver Gefühle.
Der historische König Nabucco
Nebukadnezar II. regierte von 605 bis 562 v. Chr. das Neubabylonische Reich als gewiefter Feldherr, bedeutender Städtebauer und Eroberer Jerusalems. Seine Rolle in der Bibel – zunächst als zerstörerischer Tyrann, später als geläuterter König – birgt enormes dramatisches Potenzial und macht ihn somit zu einer äußerst attraktiven Titelfigur für eine Oper. Die babylonische Gefangenschaft der Hebräer diente Solera als Grundlage, ergänzt durch weitere Quellen aus dem Alten Testament sowie historische Bühnenwerke seiner Zeitgenossen. Verdi und Solera erlaubten sich historische Freiheiten: So endet die Oper mit der Befreiung der Israeliten, obwohl diese erst Jahrzehnte nach Nabuccos Tod stattfand. Dramaturgisch wird dieser Bruch jedoch zur kraftvollen Allegorie über die vergängliche Macht des Tyrannen und die Unzerstörbarkeit von Glauben und Identität. Zusammenhalt und Widerstand des unterdrückten Volkes werden durch die Chorpassagen – die anders als in der italienischen Operntradition Mittelpunkt statt Begleitung sind – in einer kollektiven Stimme manifestiert.

Die Bühne als Gefängnis und Spiegel der Gegenwart
In der neuen Inszenierung von Roland Schwab wird das Gefängnis – das zentrale Bild der babylonischen Gefangenschaft – zur raumgreifenden Metapher für Machtmissbrauch und Identitätsverlust durch Unterdrückung. Schwab, bekannt für seine bildstarken Deutungen (u.a. ERNANI, OBERST CHABERT), schafft eine düstere, intensive Atmosphäre, in der der Sturz eines Herrschers und der Aufbruch eines Volkes eindrücklich sichtbar werden.
Zwei Galavorstellungen mit internationalen Stars
Als besondere Highlights präsentiert das Theater Bonn zwei Galavorstellungen mit zwei der weltweit gefragtesten Interpreten der Rolle des Nabucco:
Amartuvshin Enkhbat (19. Oktober) – der gefeierte Bariton aus der Mongolei, vielfach preisgekrönt und international gefragt, gibt dem Nabucco eine Stimme von seltener Intensität und Ausdruckskraft. In dieser Rolle brillierte er an renommierten Häusern, etwa der Arena di Verona oder der Mailänder Scala.
George Gagnidze (11. Dezember) – der georgische Weltstar, der diese Rolle bereits auf der Bühne der Metropolitan Opera in New York gestaltete, ist ein ausgezeichneter Kenner des Verdi-Fachs. Er bringt mit stimmlicher Autorität und darstellerischer Tiefe eine der eindrucksvollsten Nabucco-Interpretationen der Gegenwart auf die Bühne.
Text von Polina Sandler und Jacob Hirsch
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