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Glücklich ist, wer vergisst …

Ort der Handlung: Badeort in der Nähe einer großen Stadt.

Zeit: Letztes Drittel des 19. Jahrhunderts.

So steht es am Fuße des Personenverzeichnisses sowohl im Libretto als auch im Klavierauszug von Strauß‘ Meister­operette DIE FLEDERMAUS. Für die Zeitgenossen der Uraufführung 1874 war es klar. Die große Stadt ist Wien – und der Badeort in der Nähe, immerhin mondän genug für hochadelige Empfänge, konnte nur Baden bei Wien sein: Eine weitere Beethoven-Stadt, wie man weiß, jener Ort, an dem zu großen Teilen die 9. Symphonie entstanden ist – und, weil es hier in der Gegend auch berühmte Weine gibt, ebenfalls wesentliche Grundlagen für die letale Bleivergiftung gelegt wurden, gegen die selbst das schwefelhaltige Heilwasser nichts auszurichten vermochte.

Mag sein, dass Johann Strauß jr. an seinen großen Bonner Kollegen beim Komponieren dieser weltweit wohl bekanntesten Operette nicht gedacht hat (weshalb vermutlich auch so wenige Beet­hoven-Zitate in der FLEDERMAUS erklingen). Aber das Ambiente des aus der Fassung geratenen Kurorts hat ihn nachhaltig inspiriert.

Zunächst Karl Haffner, später Richard Genée, bearbeiteten ein Lustspiel des französischen Autorenduos Meilhac und Halévy (denen neben etlichen Offen­bachiaden die Opernwelt die CARMEN zu verdanken hat), das wiederum zurückging auf einen Schwank von Roderich Benedix – ausreichend Köche, wie man meinen könnte, um den Brei ordentlich zu verderben. Und die Erfolgskurve kletterte an unterschiedlichen Orten unterschiedlich schnell an: Während die Uraufführungsproduktion am Theater an der Wien von 1874 bis 1888 „nur“ knapp zweihundertmal gespielt wurde, sah im gleichen Zeitraum das Berliner Publikum das Stück in dreihundert Vorstellungen. Und auch den Weg in ein „echtes“ Opernhaus fand DIE FLEDERMAUS in Deutschland, nämlich 1894 an der Oper in Hamburg, wo der Dirigent der Premiere immerhin Gustav Mahler hieß.

Regisseur Aron Stiehl, der sich mit seinem Ausstatterteam Timo Dentler und Okarina Peter bereits für die fulminante Neuproduktion von FIGAROS HOCHZEIT verantwortlich zeichnete, wird auch in diesem Falle wieder dem Stücke geben, was des Stückes ist; und man darf gespannt sein, ob auf der Bonner Bühne der Entstehungsstätte der Neunten gedacht werden wird. Denn es sollte doch zu guter Letzt zu denken geben, worauf Christoph Wagner-Trenkwitz, der sprachsichere Frosch der Produktion, hinwies: Österreichisch ausgesprochen heißt Baden nämlich – Bon.