Einfach das Ende der Welt

von Jean-Luc Lagarce

Regie: Max Lindemann

Premiere 08.05.
Termine & Karten

Er ist gegangen, ohne sich zu verabschieden. Zwölf Jahre ist es mittlerweile her, dass Louis seiner Familie und der bürgerlichen Provinz, in der er aufgewachsen ist, den Rücken gekehrt hat. In der Zwischenzeit herrschte großes Schweigen, abgesehen von »elliptischen« Postkarten und kurzen Briefen aus aller Welt: »Mir geht es gut und ich hoffe, euch geht es genauso.« Er hat sich als erfolgreicher Schriftsteller in der Großstadt etabliert und sich nicht nur räumlich immer weiter von seinen Wurzeln entfernt. Doch nun kehrt er zurück.

Wie tritt sich eine Familie gegenüber, die über so lange Zeit nicht miteinander gesprochen hat? Welche Erwartungen hat man aneinander und welches Bild vom Gegenüber im Kopf, dem die anderen zu entsprechen haben? Nach anfänglicher Wiedersehensfreude und belanglosen Gesprächen brechen schnell alte Wunden wieder auf und die Familie verstrickt sich in Konflikten und allem, was lange unausgesprochen geblieben ist. Nicht nur Louis‘ Welt hat sich in den zwölf Jahren des Schweigens weitergedreht. Seine jüngste Schwester, noch ein Kind, als er gegangen ist, ist erwachsen geworden. Der jüngere Bruder, mittlerweile verheiratet und Vater, hat versucht die von Louis hinterlassene Lücke zu füllen. Alle haben weitergelebt: »Du kennst mich nicht mehr, du kennst mich schon lange nicht mehr, du weißt nicht, wer ich bin, du hast es nie gewusst.«

Der Regisseur Max Lindemann interessiert sich für die großen Konflikte und Tragödien im Mikrokosmos Familie und für das Unausgesprochene zwischen den Worten. Die Menschen in unserer Familie, sind die, die uns vermeintlich am besten kennen. Doch welche Zeit wiegt schwerer – die gemeinsam oder die getrennt verbrachte? Wie verbindlich sind Familienbande? Was veranlasst einen Menschen mit seiner Familie zu brechen? Bleibt am Ende nur Drama? Louis ist wiedergekehrt, um seiner Familie eine traurige Botschaft zu überbringen. Doch nach vielen gefallenen Worten wird es genau für diese nicht mehr reichen. »Du musst uns manchmal gebraucht haben und es bedauern müssen, uns das nicht sagen zu können.«

Der französische Autor Jean Luc Lagarce wurde 1957 in der Region Haute-Saône geboren. Er studierte Philosophie und parallel Schauspiel am Conservatoire National de Région. Mit Kollegen des Konservatoriums gründete er die Amateurtheatergruppe Théâtre de la Roulotte und begann zu inszenieren und eigene Stücke zu schreiben. 1990 schrieb er das Stück Juste la fin du monde (EINFACH DAS ENDE DER WELT), das Parallelen zu Lagarces Biografie aufweist. Während eines Arbeitsaufenthaltes in Berlin verfasste er 1995 seinen letzten Text Le Pays lointain (Das ferne Land). Zwei Wochen nach der Fertigstellung dieses Textes stirbt Jean-Luc Lagarce im Alter von 38 Jahren in Paris an Aids. 1999 wird EINFACH DAS ENDE DER WELT am Théâtre National de la Colline in Paris uraufgeführt. Lagarce gehört in Frankreich zu den meistgespielten Dramatikern. Seine Stücke gehörten lange zum französischen Schulkanon. Juste la fin du monde wurde 2016 von Xavier Dolan prominent verfilmt und mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Großen Preis der Jury in Cannes.

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