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Wer den Brandstiftern die Tür öffnet

Max Frischs Komödie als Appell an persönliche Verantwortung

Max Frischs Drama BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER ist über 65 Jahre alt – und aktueller denn je. Ein wohlhabender Bürger, der die Brandstifter nicht nur bei sich aufnimmt, sondern ihnen auch noch die Streichhölzer reicht: Das ist keine absurde Fiktion, sondern ein Spiegelbild einer Haltung, die wir auch heute wieder erschreckend oft beobachten. Frischs Biedermann steht für das Prinzip Hoffnung – und für das Prinzip Verdrängung. Er weiß, dass er mit gefährlichen Menschen zu tun hat, doch statt zu handeln, redet er sich ein, alles sei halb so schlimm. Lieber höflich bleiben. Bloß nicht anecken. Am Ende geht sein Haus in Flammen auf – und er hat aktiv mitgeholfen.

Die Parallelen zu unserer Gegenwart sind offensichtlich. Ob bei der Verharmlosung von politischen Extremen, beim wachsenden Populismus oder im Umgang mit der Klimakrise: Wir erleben ein kollektives Wegschauen. Radikale Kräfte dürfen sich in Talkshows setzen, den öffentlichen Diskurs prägen und demokratische Institutionen infrage stellen – und viele applaudieren noch oder schweigen aus Bequemlichkeit. Der Spruch »Das wird man ja wohl noch sagen dürfen« ist längst zur Einflugschneise für Brandstifter geworden. Dabei zeigt ein Blick in die Geschichte, wie gefährlich diese Haltung ist. Schon im Biedermeier des 19. Jahrhunderts zog sich das Bürgertum ins Private zurück, während im Vormärz junge Menschen gegen politische Unterdrückung aufbegehrten. Der Rückzug ins Häusliche, ins »Unpolitische«, hat noch nie eine Gesellschaft vor dem Umsturz bewahrt – im Gegenteil.

Auch heute stehen wir an einem Scheideweg. Werden wir weiter zusehen, wie Extremismus, Klimaleugnung und autoritäre Tendenzen an Einfluss gewinnen? Oder übernehmen wir Verantwortung – im Kleinen wie im Großen? BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER ist eine Warnung. Eine, die wir ernst nehmen sollten. Denn wer den Brandstiftern die Tür öffnet – egal ob aus Angst, Höflichkeit oder Gleichgültigkeit – wird am Ende nicht nur Zuschauer, sondern Mittäter sein.

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