OPERnehmen

Wenn Liebe viele Gesichter hat

Was ist Liebe? Diese poetische Frage stand im Mittelpunkt eines besonderen Theaterprojekts junger Frauen aus Bonn. Inspiriert von Donizettis Oper DER LIEBESTRANK, fanden sie ihre ganz eigenen Antworten. Unter der Leitung von Malika Imzouaren (Sozialarbeiterin Jugendhaus) und Clara Ayleen Hütterott (Musiktheaterpädagogin Theater Bonn) bringen sie am 21. und 22. Juni ihre Version der Geschichte auf die Bühne.

Von der Probe zur Premiere

Die ersten Ideen für unser Stück-Kommentar entstanden im Februar 2025 beim Jugendforum im Jugendzentrum Auerberg. Wir haben nicht nur über Freundschaft gesprochen, sondern auch gemeinsam beschlossen: Wir wollen etwas mit selbst geschriebenen Texten, mit Tanz und mit Musik machen. Clara kannten wir schon von einem vorherigen Projekt – „Von der Probe zur Premiere“ –, wo wir die Mitglieder des Opernensembles Susanne Blattert, Ava Gesell und Carl Rumstadt bei der Produktion DIE LIEBE ZU DEN DREI ORANGEN begleitet hatten. Der nächste Schritt war eigentlich direkt klar: Wir wollten selbst auf die Bühne gehen.

Es folgten Workshops mit der Slam-Poetin Aylin Celik und der Tanzpädagogin Lisa Hoffmann. Jeweils einen ganzen Samstag haben wir uns mit dem Thema Liebe befasst – aus der Sicht des Schreibens und des Tanzens. Bassma, die anfangs nicht gerne Texte schrieb, fand durch Aylins Anleitung Freude daran. Gemeinsam mit Lisiana schrieb sie über eine Freundschaft, „die nicht auf Blut, sondern auf Vertrauen basiert“. Lisiana zitierte aus einem Bollywood Film: „Liebe ist für mich Freundschaft – wenn sie nicht meine beste Freundin sein kann, dann kann ich sie auch nicht lieben.“ 

Das Format des Poetry-Slams ermöglichte es uns, sehr frei mit unseren Ideen umzugehen. Schritt für Schritt entwickelten wir Texte, Bewegungen und Szenen. Es entstand ein Mosaik aus Gedanken, Gefühlen und Erfahrungen nicht nur über unsere Freundschaften, sondern auch über Geschwisternschaften. Jede Beteiligte brachte etwas Eigenes mit, nichts war vorgegeben und doch passt am Ende alles zusammen.

Liebe ist mehr als Romantik

Ein besonderer Moment unseres Stücks ist das Lied „Es ist alles verdient“ von Lune – wir haben es bewusst ausgewählt und es steht sinnbildlich für das ganze Projekt. Die Idee kam auf, weil wir es schon seit vielen Jahren im Jugendhaus hören und tolle Erinnerungen damit verbinden. Es ist wie ein musikalisches Stück Freundschaft. Während der Song erklingt, stehen wir in einem Kreis. Dann sagt jede Teilnehmerin einen Satz, der ihre persönliche Sicht auf Liebe beschreibt. Manche flüstern, andere sprechen laut. Die Atmosphäre ist dicht, fast greifbar. Wie kann es sein, dass es so oft um romantische Liebe geht, wenn das Gefühl der Verbundenheit auch zwischen Freundinnen und Schwestern so stark sein kann?

Wir haben schnell festgestellt: Im Zentrum unseres Stücks steht nicht eine Frage wie bei Donizetti, ob Nemorino seine Adina auch ohne Zaubertrank erobern kann. Vielmehr geht es um eine weitere, um eine größere Dimension von Liebe: Es geht um Freundschaften und um unsere Geschwister. Und es geht um das Vertrauen und den Zusammenhalt dahinter.

Improvisation, Echtheit und viele Facetten

In den Proben wurde viel gelacht, aber auch viel nachgedacht. Die Szenen wurden oft improvisiert, und gerade das brachte eine große Echtheit auf die Bühne. „Ich konnte einfach machen, was ich wollte, ohne nachzudenken“, sagt Shania. Leanda ergänzt: „Die Texte haben mir gezeigt, wie unterschiedlich Freundschaft sein kann.Yasmine beschreibt es so: „Ich habe mich sehr wohl gefühlt, weil ich alle gut kenne. Am Anfang fand ich die Theaterübungen etwas seltsam, aber im Laufe der Zeit haben sie dann Sinn ergeben. Insgesamt haben wir uns noch mal ganz neu kennenlernen können.

In diesem Projekt ging es nie nur um Theater. Es ging darum, sich selbst zu entdecken, andere zu verstehen und gemeinsam etwas zu erschaffen, das größer ist als die Summe seiner Teile.

Was ist Liebe denn jetzt?

Vielleicht ist die Antwort auf diese Frage nicht eindeutig. Vielleicht ist sie so vielfältig wie die Menschen, die sich mit ihr beschäftigen. Aber eines ist klar: In diesem Stück wollen wir zeigen, dass Liebe mehr ist als ein Zaubertrank. Sie ist Vertrauen, Freundschaft, Mut und manchmal einfach ein Gefühl. Aber eben nicht nur das von einem Nemorino zu einer Adina oder anders rum, sondern mehr. Und das macht dieses Projekt so besonders.

Text von Hasna Imzouaren

Opernehmen

OPERnehmen ist die Weiterführung des Formats VON DER PROBE ZUR PREMIERE. Beide Projekte gehören zur PLATTFORM ORCHESTER UND THEATER FÜR ALLE (PORTAL) und haben das Ziel, jungen Bonnerinnen und Bonnern Theater und der Oper näher zu bringen. Und zwar nicht ausschließlich auf der Bühne – mit Regiearbeit, Schauspiel und Gesang – sondern auch hinter der Bühne: Vom Marketing bis hin zur Tontechnik lernen die Teilnehmenden die Berufe der Branche kennen und werden selbst aktiv. In der Spielzeit 2024|25 stand das Schreiben von Texten, das Inszenieren, das Singen und die Veranstaltungsorganisation im Fokus.