ab 22. Feb im Schauspielhaus

Du bist genug

Szenenfoto PEER GYNT

Auf der Bühne des Schauspielhauses formuliert Hausregisseur Simon Solberg die Frage »Wer bist du?« um und lässt seinen Helden Peer Gynt erforschen:

»Wie bist du geworden, wer du bist?«

»Wild und formlos« nannte Henrik Ibsen selbst sein dramatisches Gedicht PEER GYNT, das als Vorläufer des modernen Theaters gilt. Der umfangreiche Stoff, inspiriert von einem norwegischen Volksmärchen,  vermischt Elemente des Abenteuer- und Bildungsromans, des absurden Theaters und des Symbolismus miteinander.  In der erzählten Biografie der Titelfigur ist PEER GYNT aber vor allem auch ein psychologisches Drama, das für unsere Zeit steht.

Szenenfoto PEER GYNT
Szenenfoto PEER GYNT

Als Kind erlebt der norwegische Dichter Henrik Ibsen, wie die Familie nach dem Bankrott des Vaters den bis dahin hohen Lebensstandard aufgeben und umsiedeln muss. Er empfindet diesen Statusverlust als eine Kränkung, die ihn Zeit seines Lebens antreibt und ihn als Schriftsteller nach Größe und Vollkommenheit streben lässt. In PEER GYNT spiegeln sich diese Erfahrungen in seinem Protagonisten. Auch dieser lebt am Rand der Gesellschaft, die Sehnsucht nach verlorenen goldenen Zeiten und Angst vor Mittelmäßigkeit sind sein Motor. Peer ist geprägt von den Erwartungen seines Umfelds. Es scheint ihm nicht zu gelingen, sich der großen Leere zu stellen, die er in sich selbst spürt. 

In einem Brief vom September 1869, kurz nach der Fertigstellung von PEER GYNT, schreibt Ibsen: »Mein Blick ist in mein Inneres gewandt: da habe ich meinen Kampfplatz, wo ich bald siege, bald Niederlagen erleide.«

Den Blick ins Innere wenden ist auch Ausgangspunkt der Inszenierung von Hausregisseur Simon Solberg. Diese Perspektive macht es nahezu unmöglich, den nach außen narzisstisch und größenwahnsinnig agierenden Peer für sein Handeln ausschließlich zu verurteilen. Denn er wird lesbar als ein Mensch, der bestimmt ist von widerstreitenden Stimmen und Einflüssen, die seine eigenen Wünsche und Gefühle zu ersticken scheinen. So lebt Peer nicht von innen heraus, er lässt sich durch die ganze Welt treiben und gibt nach jeder Andeutung eines Lebensentwurfs sofort wieder auf. Schein und Sein kann er nicht mehr auseinanderhalten, nichts ist für ihn wirklich von Bedeutung. Doch das, wonach er sich eigentlich sehnt, wonach wohl wir alle uns sehnen, findet er schließlich in sich selbst: Anerkennung.

Text von Male Günther

Zur Produkion PEER GYNT

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